Marcel Schär, Christoph Steinebach (Hg.): Resilienzfördernde Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen

hinzugefügt: 17-02-2015
Grundbedürfnisse erkennen und erfüllen. Mit E-Book inside
Verlag: Beltz, Weinheim 2015

ISBN: 978-3-621-28149-2

Stabilität anlegen und entwickeln

Das Nachdenken über und die Literatur zur Frage der Resilienz hat in den letzten Jahren einen wichtigen Stellenwert erhalten. „Innere Stabilität“, und das ist durchaus schon dem Laienverstand zugänglich, wird zu Recht als eine der wichtigsten Ressourcen angesichts der Herausforderungen des modernen Lebens angesehen.

Und so ist es einfach nur folgerichtig, über Methoden und Instrumente nachzusinnen, mit Hilfe derer eine innere Resilienz schon da zu erkennen, zu fördern und zu entwickeln, wo die Grundausstattung für das Leben mit auf den Weg gegeben wird, in der Kindheit und Jugend.

Hierbei ist es ebenso folgerichtig (und logisch im Buch nachvollzogen), dass der erste und wichtigste Schritt zu einer stabilen Persönlichkeit, mit der den Herausforderungen, stresshaltigen Situationen und persönlich schwierigen Situationen im Leben konstruktiv begegnet werden kann darin besteht, Grundbedürfnisse der Heranwachsenden zu erkennen und zu erfüllen. Eine Erfahrung, die für das Leben prägt.

Wobei in der Herangehensweise und in den verschiedenen Beiträgen in guter Weise methodische Verbindungen erstellt werden. Nicht eine „neue Therapieschule“ ist das Zentrum dieses Werkes, sondern eher in Richtung des Watzlawickschen Credos „Anything, if it does (alles, was es tut)“ zeigen die Autoren einen „schulenübergreifenden Erklärungsrahmen“ auf.

Innerhalb dessen sind es zwei Leitfragen, die zum Tragen kommen.

Zum einen wird die Erkenntnis der letzten Jahre aufgenommen, dass es für die gesunde psychische zentral ist, wie gut es gelingt, zentrale psychische Bedürfnisse zu befriedigen.
Zum anderen wenden sich die Beiträge dem „Leben“ insofern zu, dass nicht die Pathologie in den Mittelpunkt der Betrrachtungen gerückt wird, sondern die Resilienz-fördernden-Elemente.

Die Gründe hinter einem destruktiven Verhalten zu verstehen (unter der Annahme, dass es „gute Gründe“ für ein solches auf Seiten des Kindes oder Jugendlichen gibt) und Strategien für einen konstruktiven Umgang mit diesen dahinter liegenden Gründen zu finden ist dabei die methodische Vorgehensweise, der sich dieses Werk gründlich in Theorie und Praxis zuwendet.

Nicht „Symptome weg zu therapieren“, sondern andere Verhaltensweisen „ohne Nebenwirkungen“ zu entwickeln zur Erfüllung der Grundbedürfnisse führt am Ende des Weges dazu, dass die zunächst vorherrschenden destruktiven Verhaltensweisen „überflüssig“ werden und eine „widerspruchsfreie Bedürfnisbefriedigung“ ermöglicht wird.

Wobei zunächst sehr ausführlich und detailliert die Grundbedürfnisse (mitsamt der inne liegenden „Aktualisierungstendenz“ und der unbedingten Notwendigkeit einer „förderlichen Umgebung“ (Rogers und Goldstein)) im Buch zugrunde gelegt werden, bevor umfassend der aktuelle Stand der Resilienz- und Ressourcenförderung ausgeführt wird (vielfach im Rahmend er „positiven Psychologie“).

Welche Entwicklungsaufgaben lassen sich für die verschiedenen Altersstufen formulieren? Welche Orientierungspunkte für die praktische therapeutische Arbeit setzen? Welche Interventionen sind denkbar und/oder haben sich als hilfreich erwiesen?

Klar strukturiert und verständlich in Stil und Sprache legen die Autoren im Buch Schritt für Schritt einen wichtigen Einblick in die Theorie der Resilienzförderung ebenso vor, wie vielfache praktische Erfahrungen und Arbeitsmaterialien an die Hand gegeben werden.

Elemente, die sich im dritten und letzten Hauptteil des Buches (Grundbedürfnisse und Ressourcen im (dann praktischen) Therapieprozess“ bündeln und in ihren Anwendungsmöglichkeiten und Reflexionen jene „Verbindung der Schulen“ aufzeigen, welche zu Beginn des Buches als Ziel und Thema gesetzt wurde.

Wobei hier vor allem jene Beiträge für die Praxis hilfreich sind, die sich zum einen der „Ressourcenaktivierung“ (und damit der Exploration des Klienten) zuwenden und die zum anderen mögliche schwierige Situationen in der Therapie (wenn auch nur kurz) aufgreifen und Interventionsmöglichkeiten anbieten.

Alles in allem ein konstruktives, hilfreiches und durchdachtes Buch, dass zwar die grundlegende Verbundenheit zur positiven Psychologie und zum Ansatz der Gesprächspsychotherapie erkennen lässt, durchaus aber schulübergreifend sich der Entfaltung einer „stabilen Persönlichkeit“ verständlich und fundiert zuwendet.


Rezensent: Michael Lehmann-Pape