Lilith König: Bindung in Therapie und Beratung

hinzugefügt: 29-04-2018
Ein ressourcenorientierter Ansatz für die Arbeit mit Kindern. Mit E-Book inside. 125 Seiten, 34,95 €
Verlag: Beltz 2018

ISBN: 978-3-621-28583-4

Praktische Umsetzung für die bindungsorientierte Arbeit mit Kindern

Mit den Namen Bolby, vor allem Grossmann und Grossmann im Rahmen ihrer Langzeituntersuchung zur Bindungstheorie sind wichtige und wesentliche Erkenntnisse über das grundsätzliche Bindungsverhalten des Menschen und ebenso vielfache, empirisch belegte Untersuchungen über die Folgen der Störungen des Bindungsverhaltens verbunden.

Auf dieser Grundlagenarbeit aufbauend, bietet Lilith König in sehr verständlicher Form zunächst einen breiten Einblick in die Bindungstheorie und stellt dann im Folgenden konkrete „Belastungen“ im Rahmen der Bindungsentfaltung dar.

Vor allem die Einlassungen zu Formen der „desorganisierten Bindung“ und zu „Träume und Bindung“ und die sorgfältige Darlegung der Folgen von „Desorganisation“ und „Dissoziationen“ bereiten hier den Boden für die praktischen Ansätze und Hinweise einer konstruktiven therapeutischen bindungsorientierten Arbeit mit Kindern.

Wobei es König nicht versäumt, der Diagnostik breiten Raum im Buch zu geben, bis hin zur „Anwendung von Bindungsverfahren in der Praxis“, was gleichzeitig überleitet zu den „Schlussfolgerungen für Therapie und Beratung“, mit denen König vielfache Hinweise für die Umsetzung der Bindungstheorie nach ausführlicher Diagnostik in das beratende und therapeutische Arbeiten gibt.

Auch wenn König zu Recht zunächst betont, dass „Bindungserfahrungen spielen zweifellos eine zentrale Rolle, sie sind aber nicht die einzigen Einflussfaktoren und wirken nicht monokausal“.

Damit ist ebenso für das Verständnis des Buches und die Arbeit im Bereich gesetzt, dass ein überaus differenziertes und sorgfältiges Vorgehen zur Vermeidung vorschneller Schlüsse wichtig ist („dies setzt eine differenzierte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Konzepten der Bindungstheorie voraus“).

Gerade weil das Bedürfnis nach Bindung und die (unbewusste) Ausgestaltung der eigenen Bindungshaltungen und des Bindungsverhalten solch eine grundlegende menschliche Befindlichkeit darstellt, dass ebenso klar unterschieden werden muss zwischen „Bindungsbeziehungen“, die nur zu wenigen, tief vertrauten Menschen wie Vater und Mutter grundlegend entstehen (und damit das lebenslange Bindungsverhalten hoch prägen), denen sich einige „temporäre Bindungsbeziehungen“ gegenüber anderen, wichtigen Bezugspersonen zur Seite stellen lassen.

Daher ist die „Qualität der Bindung“ (sicher oder unsicher) wenig einschätzbar über die rein emotionale Seite der Verbundenheit. Gut und fundiert stellt König daher grundlegend klar, dass es „die zentrale Funktion des Bindungssystems ist“, emotionale Stabilität aufrechtzuerhalten und/oder wiederherzustellen.

So folgert logisch die Hinwendung im Buch zu einem „ressourcenorientierten Ansatz“, im Rahmen dessen die Bedeutung von Bindungserfahrungen (immer gesehen im Zusammenhang mit anderen wesentlichen Grundbedürfnissen) in den Mittelpunkt gestellt wird. Individuelle Verhaltensweisen werden in dieser ressourcenorientierten Betrachtung als „Anpassung an unterschiedliche Anforderungen und Lebenswirklichkeit“ gewürdigt und in die praktische Beratung und Therapie grundlegend mit einbezogen. Bis dahin, dass auch die therapeutische Beziehung als solche (natürlich) als Form der „Bindungsbeziehung“ mit in den Blick der praktischen Betrachtungen gesetzt wird.

Ein in sich logisch aufgebautes, viel Information vermittelndes und, in den praktischen Überlegungen, hilfreiches Werk für die Praxis der Arbeit mit Kindern (vor allem in Hinsicht auf die „Emotionsregulierung“ der Kinder und die „Fürsorgebedingungen, die alle Grundbedürfnisse mit einschließen“).

Ales einfache “Manual“ im Sinne von „Lesen – tun“ ist dieses Werk dabei nicht gedacht, regt aber in bester Weise zu einer klaren Reflexion und Erweiterung der eigenen Arbeit mit Kindern in Richtung des aktuellen Standes der Bindungstheorie überaus an.

Rezensent: Michael Lehmann-Pape