Donna C. Aguilera: Krisenintervention Grundlagen - Methoden - Anwendung

hinzugefügt: 13-01-2005
Hans Huber Verlag Bern, Göttingen, Toronto, Seattle. 1. Auflage 2000. 423 Seiten, gebunden Preis: 39,95 EUR
ISBN 3-456-83255-9


Mit der ersten, in deutsch übersetzten Auflage liegt das in den USA weit verbreitete Standardwerk der Expertin für Krisenintervention sowie Beraterin für Katastrophenschutz und psychische Gesundheit Donna C. Aguilera auch in Deutschland bereits seit einigen Jahren vor. Hierzulande hat das Thema "Krisenintervention" in der zurückliegenden Zeit einen sprichwörtlichen Boom ausgelöst. So gab es bereits in den 1980-er Jahren z.B. innerhalb der Klinischen Psychologie erste Ansätze psychotherapeutischer und begleitender Hilfen für Betroffene von akuten Belastungssituationen, Traumata und anderer Problemlagen.

Helfer, die als erste Menschen in Krisen begegnen, hatten jedoch bislang aufgrund einer fehlenden systematischen Aufbereitung theoretischer Fragestellungen, aber auch wegen nicht vorhandener Institutionen, kaum die Gelegenheit zur Reflexion und Darstellung eigener Erfahrungen auf o.g. Gebiet. Dieser Zustand scheint sich momentan grundlegend, wenn auch regional-bezogen distinktiv zu verändern.

Das vorliegende Buch bewegt sich auf verschiedenen Ebenen (Grundlagen, Methoden, Anwendung), worüber Leser/innen in Krisenintervention unterrichtet werden - aber den Anforderungen an ein Lehrbuch wird es nur bedingt gerecht. Problematisch finde ich die didaktische Ausrichtung des Buches: mir ging es so, daß ich mich anhand der Gliederung eher irritiert fühlte, v.a. weil kein "roter Faden" zu erkennen ist.

Zunächst wird der Leser mit der Entwicklungsgeschichte von Krisenintervention bekannt gemacht: man findet relevante Begriffe erläutert und historisch bedeutsame Phasen psychologischer Auseinandersetzung mit Krisen (z.B. bei Freud, Erikson, Caplan) skizziert. Aguilera beginnt im Kapitel 2 mit psychotherapeutischer Lehre, um dann über Psychoanalyse und Kurztherapie weiter zur Methodik der Krisenintervention zu "springen". Es geht ihr dabei um eine Illustration wesentlicher Unterschiede der genannten Therapieformen. Daran anschließend folgen Abschnitte zur Problemwahrnehmung, -reaktion und - bewältigung.

Inhaltlich wirkt der Großteil der Texte - die sich weiteren Verlauf des Buches mit einem breiten Themenspektrum und Phänomenen der Krisenintervention wie Gewalt (Kindesmißhandlung, häusliche/schulische Gewalt, Überschreitungen in der Pflege), Belastungsreaktionen und Traumata, Stress, Sucht und anderen psychischen Störungen beschäftigen - ansprechend, informativ und gut nachvollziehbar. Die bemerkenswert plastisch dargestellten und lesenswerten Beispiele machen das Lehrbuch zwar interessant, doch leider beziehen sich o.g. Beschreibungen in den meisten Fällen überwiegend auf die Versorgungsstrukturen der Vereinigten Staaten.

Erfolg und Anspruch des Buches liegen meiner Meinung nach doch etwas weiter auseinander. Die Absicht der Autorin bestand darin, den Bedarf für einen Leitfaden der Krisenintervention in Medizin und Sozialwesen abzudecken - dieses ist ihr allerdings nur in Ansätzen und im/für den US-amerikanischen Raum gelungen.


Erschienen im Hans Huber Verlag

Rezension von Michael Horn