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Kinder vor der Kamera: gesetzliche Bestimmungen Medienrealitäten anpassen
hinzugefügt am 29-05-2009
LVR-Landesjugendamt zu "Eltern auf Probe" und ähnlichen Reality-Formaten

Köln. 29. Mai 2009. Das LVR-Landesjugendamt sichert das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen im Rheinland. Im Zusammenhang mit der in der kommenden Woche startenden RTL-Doku-Soap "Eltern auf Probe" weist es darauf hin, dass die gesetzlichen Bestimmungen zu Kindern in Medienproduktionen schnellstmöglich den heutigen Medienrealitäten angepasst werden müssen. Decken diese doch lediglich Filmproduktionen ab, in denen Kinder über drei Jahren im Sinne von Arbeitnehmern tätig sind. Jedoch greift diese Regelung nicht bei so genannten Reality-Formaten, da diese als journalistische Arbeiten behandelt werden.

"Die geltenden Regelungen sind hinsichtlich der Beteiligung von Kleinstkindern und Säuglingen in Medienproduktionen wie der Serie "Erwachsen auf Probe" und ähnlichen Realitiy-TV-Formaten völlig unzureichend. Geht es hier doch weniger um "Kinderarbeit" und "Arbeitssicherheit" von Kindern als um die Sicherung des Kindeswohls und die Wahrung der Rechte von Kindern.", so Prof. Jürgen Rolle, der Vorsitzende des LVR-Landesjugendhilfeausschusses.

Die geltenden gesetzlichen Vorgaben erfassen diese neuartigen TV-Formate nicht in ausreichendem Maße. Arbeitsrechtlich ist nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen (Paragraph fünf, Absatz eins, Jugendarbeitsschutzgesetz) die Beschäftigung von Kindern grundsätzlich verboten. Im Einzelfall kann nach Paragraph sechs, Absatz eins, Nummer zwei, Jugendarbeitsschutzgesetz aber eine Ausnahmegenehmigung für Medienproduktionen erteilt werden: Kinder von über drei bis sechs Jahren dürfen bis zu zwei Stunden täglich in der Zeit von acht bis 17 Uhr, und Kinder über sechs Jahre bis zu drei Stunden täglich in der Zeit von acht bis 22 Uhr mitwirken. Für Kinder unter drei Jahren kann keine Genehmigung erteilt werden. Dieses Genehmigungsverfahren wird in NRW von den staatlichen Ämtern für Arbeitsschutz durchgeführt. Im Rahmen dieses Bewilligungsverfahrens ist nach Paragraph sechs, Absatz zwei, des Jugendarbeitsschutzgesetzes zwar eine Anhörung des Jugendamtes, nicht aber seine Beteiligung vorgesehen. In NRW wird der Paragraph sechs des Jugendarbeitsschutzgesetzes noch durch die Richtlinien für die Bewilligung der Mitwirkung von Kindern im Medien- und Kulturbereich aus dem Jahre 2000 konkretisiert.

"Seit Jahren wird seitens der Kinder- und Jugendhilfe gefordert, die geltenden Vorschriften zur Arbeits- und Sicherheitstechnik den heutigen Medienrealitäten anzupassen. In diesem Zusammenhang verlangen wir eindeutige Regelungen zur Beteiligung von Kleinstkindern und Säuglingen an Medienproduktionen." so Prof. Jürgen Rolle weiter. "Auch sollte die Rolle des Jugendamtes im Rahmen des Genehmigungsverfahrens gestärkt werden. Hier sollte es etwa darum gehen, eine Beteiligung des Jugendamtes im Vorfeld von Dreharbeiten als obligatorisch festzulegen.", ergänzt Michael Mertens, LVR-Dezernent für Schule und Jugend. Weiter führt er aus: "Zudem besteht Handlungsbedarf hinsichtlich einer verbindlichen Hinzuziehung von pädagogischen Fachkräften bei der konkreten Ausgestaltung des Engagements von Kindern in Medienproduktionen. Bisher müssen in NRW lediglich bei Dreharbeiten von 30 oder mehr Tagen Fachkräfte hinzugezogen werden."

Der Unterausschuss Struktur und Planung der Jugendhilfe des LVR-Landesjugendhilfeausschusses hat sich bereits im Jahre 2006 intensiv mit der Thematik befasst und sich im Zuge dessen auch an die Kinderkommission des Bundestages gewandt. Seitens der Kommission wurde zugesichert, die oben genanten Aspekte "den Mitgliedern der Kinderkommission vor(zu)legen, damit sie in die Beratungen miteinbezogen werden können." Leider sind seit dem keine weiteren Schritte eingeleitet worden, die das Kindeswohl auch im Kontext so genannter Reality-Formate schützen. Gerade dies ist aber dringend angezeigt.

Unter: www.lvr.de/jugend/ finden Sie in der Rubrik "Publikationen" einen Flyer "Vorsicht -Kinder vor der Kamera", der die gelten rechtlichen Regelungen zusammenfasst.

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