Zurück : Infocenter : Nachricht
„Wahlversprechen wurden in Schleswig-Holstein nicht eingehalten!“
hinzugefügt am 27-11-2017
BdB diskutiert mit Schleswig-Holsteins Justizministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack

Kiel, 24. November 2017 – Die ausstehende Vergütungserhöhung für Berufsbetreuer/innen stand im Mittelpunkt eines Gesprächs des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen mit Schleswig-Holsteins neuer Justizministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Die ehemalige Berichterstatterin für Betreuungsrecht der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag diskutierte mit den Vertretern der BdB-Landesgruppe Schleswig-Holstein Sabine Schindler und Frank Cremer-Neihaus sowie mit Bundesgeschäftsführer Dr. Harald Freter.

„Der BdB empfindet es so, dass die neue Landesregierung ihr Wahlversprechen zur Vergütungserhöhung nicht eingehalten hat“, so BdB-Geschäftsführer Freter. Die CDU hatte dem BdB vor der Landtagswahl zugesichert: „Wir unterstützen die Position der CDU/CSUBundestagsfraktion, wonach die Vergütungssätze der Berufs- und Vereinsbetreuer noch in der laufenden Legislaturperiode um 15 Prozent zu erhöhen sind.“ Tatsächlich hatte Schleswig-Holstein aber einer Vertagung und damit Nichtbehandlung der Angelegenheit im Bundesrat zugestimmt und damit eine Vergütungserhöhung unmöglich gemacht.

Der BdB fordert jetzt eine sofortige Erhöhung der Stundensätze und der Zeitpauschalen auf der Grundlage des jetzt erstellten Abschlussberichts der vom BMJV beauftragten rechtstatsächlichen Untersuchung zur Qualität in der Betreuung. Bereits Anfang des Jahres war im Rahmen dieser Untersuchung herausgekommen, dass Berufsbetreuer im Durchschnitt 4,1 Stunden je Klient monatlich arbeiten, aber nur 3,3 Stunden abrechnen können. Dazu Berufsbetreuer Frank Cremer-Neihaus: „Seit 2005 hat sich die Zeit, die mir pro Klient zur Verfügung steht, halbiert. Ich treffe die meisten Klienten nur noch alle zwei Monate.“

Justizministerin Sütterlin-Waack verwies auf den Abschlussbericht der Studie zu „Qualität in der Betreuung“, der im November vorgelegt werden soll, und sieht noch Klärungsbedarf. Die Betreuungskosten in Schleswig-Holstein seien gestiegen. Für 2018 erwartet sie eine fünfprozentige Steigerung der Betreuungskosten auf 32,5 Millionen Euro in Schleswig-Holstein.

Diese Steigerung resultiere vor allem daraus, dass es durch die Betreuung gelungen ist, Menschen, die bisher in einem Heim gelebt haben, wieder ein eigenständiges Wohnen zu ermöglichen, erklärte Harald Freter. Dafür können zwar etwas höhere Stundenpauschalen abgerechnet werden, es werde aber in erster Linie die Selbstbestimmung im Sinne der UN-BRK gestärkt. Außerdem könne dies zu Einsparungen an anderer Stelle im Sozialetat führen, so Harald Freter: „Wenn das Betreuungssystem als Ganzes in Gefahr ist, muss diese ‚Töpfe-Wirtschaft‘ ein Ende haben.“ Anliegen des BdB sei die dringend nötige Vergütungserhöhung für Berufsbetreuerinnen und –betreuer. Andernfalls drohten weitere Schließungen von Betreuungsvereinen und Betreuungsbüros. Schon jetzt würden immer mehr Betreuungsbehörden auf Schwierigkeiten bei der Gewinnung qualifizierter Berufsbetreuer hinweisen.

Der BdB-Geschäftsführer wies auch auf den aktuellen Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst hin, den die SH-Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) als „moderat“ bezeichnet hatte: „Wenn die weitaus teureren Tariferhöhungen für Angestellte im öffentlichen Dienst umgesetzt werden können, dann muss dies auch im Betreuungssektor möglich sein.“ Die Ausgaben für die Betreuungsvergütung lagen 2016 bei 31 Millionen Euro. Ausgehend davon würde eine Vergütungserhöhung von 15 Prozent für den Haushalt rund 4,6 Millionen Euro an Mehrausgaben bedeuten. Zum Vergleich: Der Tarifkompromiss für den öffentlichen Dienst wirkt sich laut Finanzministerin Monika Heinold mit zusätzlich etwa 74,28 Millionen Euro im Haushalt 2017 aus.