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Medienkompetenz in der KiTa fördern - Bildungsschere vermeiden
hinzugefügt am 26-01-2011
In der Mediengesellschaft hängen gesellschaftliche Teilhabe und beruflicher Erfolg maßgeblich von den Fähigkeiten jedes einzelnen ab, sich in, mit und durch Medien zu artikulieren. Doch bereits vor dem Eintritt in die Grundschule zeigt sich auch hinsichtlich der Medienkompetenz die Bildungsschere. Obwohl es viele Ansätze für eine Medienerziehung im vorschulischen Bereich gibt, mangelt es vor allem an der breiten, qualifizierten Umsetzung und der Qualitätssicherung. An diesem Missstand setzt das Projekt »KidSmart« an, eines der größten interventiven Forschungsprojekte in diesem Bereich in Deutschland.

Koordiniert durch Prof. Gudrun Marci-Boehncke, Inhaberin des Lehrstuhls Neuere Deutsche Literatur/Elementare Vermittlungs- und Anwendungsaspekte der Technischen Universität Dortmund will »KidSmart« konkrete Konzepte für die Vermittlung von Medienkompetenzen vor Ort entwickeln und realisieren, das KiTa-Personal für diese Vermittlung professionalisieren und die Umsetzung dieser Konzepte wissenschaftlich evaluieren. Um diese Ziele zu erreichen, steht hinter »KidSmart« ein Projektverbund: Neben dem wissenschaftlichen Partner Prof. Matthias Rath von der Forschungsstelle Jugend - Medien - Bildung der PH Ludwigsburg unterstützen IBM Deutschland sowie die Stadt Dortmund mit dem Dortmunder Systemhaus »dosys« und dem städtischen Eigenbetrieb »FABIDO« das Projekt.
Im Rahmen von »KidSmart« werden zunächst in Schulungen gemeinsam mit den Erzieherinnen und Erziehern Medienprojekte erarbeitet. Diese sollen die Kinder befähigen, ein breites Medienangebot von Buch bis PC kreativ zu benutzen. „Alle Bildung ist medial vermittelt. Und alle Kinder haben einen Anspruch darauf. Wir wollen wissen, wo Kids und pädagogisches Personal heute stehen und wie Medienbildung nachhaltig gesichert werden kann“, betont Prof. Gudrun Marci-Boehncke. Langfristiges pädagogisches Ziel sei es, die Kinder zu befähigen, Medien sowohl als Lernangebot als auch als Mittel kreativer Unterhaltung zu begreifen und zu nutzen.
Die Umsetzung der Medienprojekte in den Tageseinrichtungen wird von den beteiligten Wissenschaftlern begleitet: zum einem personell, indem Studierende der TU Dortmund als Tandempartner die Erzieherinnen und Erzieher in der medienpädagogischen Arbeit beratend begleiten. Zum anderen werden die Kompetenzen der Kinder, der Erzieherinnen und Erzieher und das familiäre Umfeld an mehreren Messzeitpunkten erfasst. Das methodisch breite Vorgehen - neben Fragebögen kommen auch Beobachtungsverfahren und Tiefeninterviews zum Einsatz - sichert hierbei eine hohe Validität der Forschungsergebnisse. Ein besonderes Augenmerk gilt hierbei den Migrationshintergründen der Kinder. Die Erhebung des familiären Umfelds erfolgt in sieben Sprachen: Türkisch, Arabisch, Russisch, Serbokroatisch, Polnisch, Französisch und Deutsch.
Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen Erkenntnisse zur Medienrealität von vier- bis fünfjährigen Kindern und deren Eltern sowie zur Medienkompetenz von Erzieherinnen und Erziehern in Kitas liefern. »KidSmart« soll zudem Aussagen über die Wirkung der im Projekt entwickelten medienpädagogischen Interventionen in der frühen Bildung erlauben. Gleichzeitig ist »KidSmart« auch ein Weiterbildungsprojekt, denn die beteiligten Erzieherinnen und Erzieher, die Eltern und auch die beteiligten Lehramtsstudierenden erwerben Kompetenzen im Bereich der Vermittlung von umfassender kreativer Mediennutzung in der Früherziehung.
Unterstützt wird »KidSmart« durch IBM Deutschland, die mit ihrem Corporate Citizenship Programm nicht nur die Hardware-Ausstattung in Form der Young Explorer Lerncomputer zur Verfügung stellt, sondern auch die Basisschulungen der Erzieherinnen und Erzieher konzeptioniert und in Deutschland mit BITS21 weiterentwickelt hat. „Gerade in der Fokussierung auf Einrichtungen mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund sehen wir hier eine qualitative Erweiterung des nunmehr seit über 10 Jahren in 52 Ländern erfolgreich umgesetzten Progamms Kidsmart Early Learning“, so Peter Kusterer, Leiter Corporate Citizenship & Corporate Affairs von IBM Deutschland. Auch die Stadt Dortmund ist Projektpartner bei »KidSmart«: Der städtischen Eigenbetrieb »FABIDO« ermöglicht die Umsetzung der Studie in den Tageseinrichtungen sowie die Beteiligung der Erzieherinnen. Zusätzlich realisiert das Dortmunder Systemhaus »dosys« die Installation, Vernetzung und den Betrieb der »KidSmart-Stationen« und stellt Schulungskapazitäten bereit. „Eine gute und fachliche Begleitung in der Medienkompetenz und -erziehung ist Pflichtaufgabe in der "Frühkindlichen Bildung", die in den Grundsätzen zur Bildungsförderung, als Fortschreibung der Bildungsvereinbarung NRW, dokumentiert ist. Über unsere geschulten Fachkräfte erlernen Kinder zum einen mit den Funktionsweisen der Medien umzugehen und gleichzeitig, dass man mit Medien kreativ umgehen kann. Gerade für Kinder, die in ihrem sozialen Kontext in der Medienkompetenz wenig unterstützt werden, wollen wir einen guten Weg bereiten, von Medien zu profitieren,“ betonte Waltraud Bonekamp, Beigeordnete für Schule, Jugend und Familie der Stadt Dortmund.

Erste Ergebnisse
Seit Herbst letzten Jahres arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Kitas und haben bereits erste Erhebungen durchgeführt. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Kitas in Dortmund ein geeignetes Feld sind für »KidSmart«.
Alles in allem sind die Erzieherinnen der städtischen Kitas in Dortmund hoch motiviert, beruflich mit Medien zu arbeiten. Allerdings zeigen sich bei näherem Hinsehen auch Probleme. Die medienpädagogische Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher wurde in früheren Jahren vernachlässigt. Nur 23 Prozent der 51 bis 60-jährigen wurden in ihrer Ausbildung überhaupt mit medienpädagogischen Fragestellungen konfrontiert. Bei den 21 bis 30-jährigen sind dies doch immerhin schon 66,7 Prozent. Allerdings ist dies angesichts der hohen Bedeutung der Medienarbeit in der Früherziehung immer noch zu wenig.
Auch die medienpädagogische Sicherheit, mit der die Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas arbeiten, ist altersabhängig. Zwar fühlen sich 54,2 Prozent der 21 bis 30-jährigen sicher im Umgang mit Medien, aber nur 26,7 Prozent der 51 bis 60-jährigen. Daher haben auch nur rund ein Drittel der Erzieherinnen und Erzieher in ihren Kitas bisher Medienprojekte durchgeführt.
Der Stellenwert, der Medien eingeräumt wird, variiert daher. Für rund die Hälfte der Erzieherinnen und Erzieher sind Medien ein wichtiges Thema, rund 45 Prozent halten Medien hingegen für möglich, aber nicht notwendig.
Bei der Wichtigkeit der Medienerziehung in der frühen Bildung zeigt sich ein ernüchterndes Bild. Sprachförderung und soziales Lernen spielen nach Meinung der Erzieherinnen und Erzieher mit rund 23 Prozent bzw. 21 Prozent der Nennungen zu Recht die wichtigsten Rollen in der pädagogischen Arbeit der Kitas. Die Medienerziehung hingegen wird mit 2,6 Prozent noch weit unterschätzt.
Die Spannbreite der Medien, die in den Kitas bislang eingesetzt wird, ist eher schmal. So sind unabhängig vom Alter der Erzieherinnen und Erzieher Bücher (42 Prozent) und Hörkassetten (22,4 Prozent) die meistgenutzten Medien. Die heutigen Leitmedien der Kinder, Fernsehen und Computer, kommen so gut wie nicht zum Zuge.

Weitere Informationen und Kontakt:
Prof. Gudrun Marci-Boehncke
TU Dortmund - Institut für deutsche Sprache und Literatur
Tel.: 0231-755-2923
E-Mail: gudrun.marci@tu-dortmund.de

Quelle: http://idw-online.de/pages/de/news405908