Staub-Bernasconi: Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft, Systemtheoretische Grundlagen und professionelle Praxis

hinzugefügt: 21-05-2010
Verlag: Utb; 1. Auflage, (1. Januar 2007), Broschiert: 536 Seiten, Sprache: Deutsch, 1. Unv. ND der 1. Aufl. 2010,
ISBN-13: 978-3-8252-2786-9
ISBN-10: 3825227863
EUR 29,90 (D)

Die Autorin
Prof. Dr. Silvia Staub-Bernasconi (* 1936 in Zürich) ist eine Schweizer Sozialarbeiterin und Hochschullehrerin. Sie ist inzwischen emeritiert, jedoch weiterhin vielfältig aktiv so u.a. als stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Sozialarbeit.
Silvia Staub-Bernasconi gehört zu den Verfasserinnen von Theorien, die die Praxis aus eigener beruflicher Erfahrung kennt. Ihre Aufsätze und Vorträge sind international bekannt und angesehen; ihre Theorien sind Grundlage für die Arbeit vieler Sozialer Dienste und Einrichtungen Sozialer Arbeit.

Verlagsangabe
Silvia Staub-Bernasconi gibt zunächst einen Überblick über die Arbeit früher Theoretikerinnen Sozialer Arbeit. Im zweiten Teil werden die metatheoretischen Voraussetzungen für die Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft dargelegt. Ressourcenerschließung, Bewusstseinsbildung, Umgang mit Machtquellen und Machtstrukturen sowie interkulturelle Verständigung als spezielle Handlungstheorien zeigen im dritten Teil die Praxisrelevanz des systemischen Paradigmas. Schließlich erfolgt ein Ausblick auf die Tatsache und Notwendigkeit zunehmender Transnationalisierung Sozialer Arbeit, dies auch unter dem Aspekt eines transnationalen Feminismus sowie der Forderung nach Sozialverträglichkeit der Wirtschaft.

Entstehungshintergrund des Buches
Bereits in den ersten Sätzen der Einleitung (S.11) nennt die Autorin die Beweggründe des Buches: Ursprünglich war eine Neuauflage des 1995 -er Buches geplant – aber: die Entwicklungen der Theoriebildungen (nicht nur in der Sozialen Arbeit) waren in den vergangenen Jahren nicht zu übersehen/zu überhören. Eine Überarbeitung wäre zu wenig gewesen; einige Kapitel waren zu übernehmen, anderes in andere Zusammenhänge zu stellen u.s.w.
Und...eine weltweit neu-veränderte konsensuale Definition Sozialer Arbeit, die 2004 auch für die Global Standards of Education and Training in Social Work maßgebend lag vor (S. 12). Sie fertigte eine umfassende neue Bearbeitung des Buches.

Inhaltsangabe
Der Buchinhalt enthält vier Teile mit einer unterschiedlichen Anzahl Unterteilungen mit ebenfalls einer weiteren unterschiedlichen Anzahl von Unterteilungen, wobei – dies sei bereits jetzt hervorgehoben - eine klare Struktur des Buches sichtbar wird.
Teil I: Ist Soziale Arbeit zu einfach oder zu komplex, um theorie- und wissenschaftswürdig zu sein?
Teil II: Soziale Arbeit als handlungswissenschaftliche Disziplin
Teil III: Soziale Arbeit als professionelle Praxis: spezielle Handlungstheorien für spezielle soziale Probleme
Teil IV: Ein Blick in die Zukunft - zur Transnationalisierung Sozialer Arbeit

Inhalt
Das Buch ist inhaltlich sehr gefüllt. Es können daher nur einige zentrale/bedeutende Punkte wiedergegeben werden.
Im ersten Teil geht Staub-Bernasconi der Frage nach, ob Soziale Arbeit zu einfach oder zu komplex ist, um theorie- und wissenschaftswürdig zu sein?
Die ersten Beiträge zur Professionalisierung im Sinne einer wissenschaftlichen Begründung Sozialer Arbeit stammen vor über hundert Jahren(S. 21 bis 113). Staub-Bernasconi stellt Theoretikerinnen Sozialer Arbeit vor und begründet ihre Auswahl damit, dass „Sie alle auf ihre Art dem Anliegen einer wissenschaftlichen Begründung Sozialer Arbeit Rechnung getragen haben, und zwar sind dies Ilse Arlt, Jane Addams und Mary Parker Follett.
Im Teil II geht Staub-Bernasconi auf die Soziale Arbeit als handlungswissenschaftliche Disziplin ein. Sie begründet in diesem Buchteil die Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft. Sie kommt von der Begründung, dass der Sozialen Arbeit die Wissenschafts- und Professionswürdigkeit abzusprechen ist, zur Begründung der Sozialen Arbeit als Handlungswissenschaft (S. 159) am Beispiel dreier Paradigmen. Ihr Beitrag endet mit möglichen „Transformationsregeln“ – Patentrezept zur Verbindung von Theorie und Praxis?
Innerhalb dieses Teiles findet sich auch eine Auseinandersetzung mit dem Mandat der Sozialen Arbeit, in der Staub-Bernasconi „Vom beruflichen Doppelmandat zum professionellen Tripelmandat Sozialer Arbeit“ (S. 198ff.) spricht.
Soziale Arbeit als professionelle Praxis: spezielle Handlungstheorien für spezielle soziale Probleme ist das Thema des dritten Teiles (S. 271ff).Staub-Bernasconi stellt in einer Übersicht die Soziale Arbeit als ein Entwicklungs- und Forschungsprogramm vor; es geht ihr, um den Weg von den theoretischen Prämissen über die Konzeption problembezogener, spezieller Handlungstheorien bis in die Praxis aufzuzeigen. Die diagnostische Erfassung der Problemsituation ist für sie unverzichtbares Element von Professionalität. Im weiteren beschreibt sie spezielle Handlungstheorien der Sozialen Arbeit, geht auf Paulo Freire (Handlungstheorie: die Bewusstseinsbildung – S. 311) und danach die von ihr behandelten speziellen Handlungstheorien Sozialer Arbeit „Vernetzung“ und „Umgang mit Machtquellen und Machtstrukturen“ ein.
Teil IV: Blick in die Zukunft - zur Transnationalisierung Sozialer Arbeit
Die Autorin geht von der Annahme aus, dass sich Soziale Arbeit mit dem heute notwendigen Einbezug globalen Denkens wie globalen Handelns schwer verhält. In ihrem ersten Beitrag „Soziale Arbeit auf dem Weg zur Weltgesellschaft“ ist der Versuch mit unterschiedlichen Antworten auf diese Herausforderung erfolgt.
Im Kapitel 2 (S. 449) widmet sich Staub-Bernasconi der Frauenbewegung als einem Teil der Geschichte der Sozialen Arbeit und fragt „Wie weit reichen feministische Theorien und die sich daraus ergebenden Politiken?“. Diesen Beitrag versteht sie als einen Versuch, unter Anwendung des systemtheoretischen Bezugsrahmens aufzuzeigen, wie die gegenwärtige Blockierung der Frauenbewegung zu überwinden wäre.

Zielgruppe
Das Buch eignet sich uneingeschränkt für eingeschriebene Studenten im Studium. In der beruflichen Praxis ist es eher für die Lehrenden der Sozialen Ausbildungsstätten geeignet. Allerdings sollten sich in der Praxis erfahrene Sozialpädagogen/innen für die Inhalte des Buches interessieren und damit zu einer Verbreitung der Sozialarbeitswissenschaft beitragen.

Fazit
Es handelt sich um ein anspruchsvolles und tiefgründiges - gedanklich folgerichtig gefertigtes - Buch. Dieses Buch bietet ein hohes Maß an Reflexionspotential an. Die Autorin schreibt in verständlicher Weise, so dass sich auch in wissenschaftlichen Texten ungeübte Leser gut einfinden können.

Der inhaltliche Aufbau ist folgerichtig und nach vollziehbar. Man wird es in mehreren Etappen lesen/bearbeiten müssen.
Das Preis-/Leistungsverhältnis ist stimmig.

Rezensent: Dipl.-Sozialarbeiter Peter Habura, Grevenbroich
Mail: jupehabura@aol.com
Fachjournalist DFJV Berlin, Mitgliedsnr. 1060041