Reiser, W.: Unter Kollegen

hinzugefügt: 4-10-2015
44 Überlebensstrategien fürs Büro
Verlag: Beltz 2015

ISBN: 9783407366016

Prägnant, treffend und hilfreich für das eigene Arbeitsleben

Es ist so, wie Reiser es feststellt: Freunde und Familie (die man sich in der Regel ebenfalls, wie auch Kollegen, nicht aussucht) könnte man als „Variablen“ des Lebens bezeichnen. Hier sind Distanzen, Trennungen, eine persönliche und aktive Gestaltung von Nähe und Distanz ja durchaus möglich und an der Tagesordnung.

In Bezug auf den Arbeitsplatz aber (und dort verbringt der Mensch in der westlichen Zivilisation einen hohen, fast den größten Teil seiner „wachen“ Lebenszeit), könnte man lapidar sagen, dass man „nehmen muss, was man kriegt“. Zumindest im äußeren Umgang sind Kollegen, Vorgesetzte , Untergebene zunächst einmal „gesetzt“.

Mit viel Humor, mit starker ironischer Übersitzung (und dennoch präzise oft treffend), wendet sich Wolf Reiser in seinem neuen Werk der äußeren und inneren Gestaltung des Umgangs mit den „lieben Kollegen“ zu. Wobei er von Beginn an deutlich macht, dass jene nach Außen hier und da fest und stark behauptete „Wohlfühlatmosphäre“(„Hymnische Meldungen aus dem Wellness-Sektor des deutschen Arbeitslebens“, wie Reiser das nennt) ganz grundsätzlich bezweifelt.

In sehr flüssigem Stil, mit erwähnter ironischer Überspitzung (um die einzelnen Abläufe und vor allem Persönlichkeitsstile sehr genau und treffend zu kennzeichnen), führt er den Leser im folgenden, je in kurzen Kapiteln, durch die Tücken der Beziehungen zu Kollegen.

Zu jedem Kapitel bietet Reiser am Ende eine klar gegliederte Zusammenfassung übersichtlicher Punkte in Form einer „To-Do-Liste“ für die jeweilige Situation und die jeweilige Persönlichkeit des „Kollegen“.

Wie man seinen „ersten Tag“ gestaltet, welche Fallstricke dort warten und was von Arbeitgeberseite da so alles schon direkt zu Beginn besser gemacht werden könnte bis zum Kündigen, dem „letzten Akt“ an einem konkreten Arbeitsplatz reichen die Themen im Buch, von Haltungen starker Distanz bis zu jenen, die sich ständig kumpelhaft „heranwerfen“, von „liebevoll“ gestalteten Büros, in dem Kollegen ihr Privatleben unaufgefordert ausbreiten bis hin zu „selbstverliebten Egomanen“ reicht dabei die Palette der Darstellungen (und der Hinweise des je konkreten Umgangs mit solchen Situationen und Kollegen).

„Kollegenscheine und Teamplayer“, „Emotionsmanagement im Büro“, „Zuckerbrot statt Peitsche“ und „die hohe Kunst des Lobens“, aber auch die Notwendigkeit eines „Denken Sie negativ!“ bietet immer wieder eine präzise und treffende Benennung der Verhältnisse und eine Ermunterung (manchmal auch eine Mahnung) an den Leser, nicht blauäugig und naiv im Strudel des Arbeitsalltages zu versinken.

Einen souveränen, mit der nötigen Distanz versehenen Umgang mit Kollegen und der Atmosphäre am je konkreten Arbeitsplatz ist es, für das Reiser wirbt. Eine erwachsene Haltung sich selbst und den anderen gegenüber, die nicht einfach „mitten hinein springt“, die aber auch nicht in Aversionen und Selbstgefälligkeiten sich zu guter Letzt ergötzen soll.

Humorvoll und flüssig verfasst, eindeutig zu verstehen und nicht in der Klage stecken bleibend, sondern konstruktive Hinweise en Masse dem Leser an die Hand gebend, ein Buch über Kollegen und das Arbeitsleben, dass unterhaltsam zu lesen ist und sich durchgehend lohnt. Alleine schon darin, sich selbst hier und da beschreiben zu finden (wenn man ehrlich ist).


Rezensent: Michael Lehmann-Pape