Ulrike Schildmann - Normalität, Behinderung und Geschlecht

hinzugefügt: 17-10-2003
Konstruktionen von Normalität Band 1, Ansätze und Perspektiven der Forschung, 130 S., 12,90 Euro, 2001
ISBN 3-8100-3028-7

Der Begriff Normalität ist in Bewegung, gerät in Veränderung, weil sich gesellschaftliche Normalitätsvorstellungen verschieben.
In Bezug auf die gesellschaftlichen Konstrukte Behinderung und Geschlecht wird helfend dargestellt, wie Normalität zunächst eindeutiger zu definieren und einzuordnen ist.
Obwohl die Geschlechterforschung nur bedingt vergleichbar ist mit der Forschung von Behinderung, so hat Normalität im Vergleich zu Behinderung und Geschlecht eine ganz andere Struktur. Sie definiert sich vielmehr darüber, wie sie funktioniert und produziert wird.
Dies steht im Vordergrund der "Konstruktionen von Normalität Band 1" von Ulrike Schildmann und wird zu einer neuen sozialwissenschaftlichen und diskursorientierten Forschungsperspektive der Behindertenpädagogik.
Es sind in den zusammengefassten Beiträgen sowohl fachinterne Auseinandersetzungen im Rahmen von Integrationspädagogik und Behindertenpädagogik, als auch Reflexionen von FachwissenschaftlerInnen, die sich unter anderem mit Behinderung und Geschlecht beschäftigen, die je aus ihrer eigenen Position und Disziplin das Verhältnis zwischen Normalität, Behinderung und Geschlecht beschreiben, eingeflossen. So zum Beispiel die inzwischen auch in Deutschland entstandene Diskussion, die Geburt eines behinderten Kindes sei als "wrongful birth" zu verstehen und damit als Schaden zu verhandeln, die hier aus juristischer Sicht erläutert wird. Auf der Basis der deutschen Rechtssprechung wird klarer, wie wichtig die Problematik für das allgemeine Verständnis von Normalität und Behinderung ist, mit der vor allem aber nicht nur Frauen konfrontiert werden.
Unter anderem werden in diesem Buch auf die Praxis bezogene, bildungspolitische Fragen diskutiert; beispielsweise ob Integrationspädagogik ein eher verstörendes oder verstörtes System sei und ob außerdem der Begriff Behinderung - zumindest aus der Sicht der Pädagogik - hinfällig wird und somit auch das Verhältnis zwischen Normalität und Behinderung? Oder: Ist Integrationspädagogik eher Regelfall oder Normalitätsfalle der heutigen Schulwirklichkeit?

Erschienen im VS_Verlag.

Rezension von Claudia Schütte