Wolfgang Bergmann, Gerald Hüther: Computersüchtig - Kinder im Sog der modernen Medien

hinzugefügt: 9-11-2008
2008, 164 Seiten, Maße: 21 cm, Taschenbuch, Deutsch. 12.90 EUR
Beltz Verlag

ISBN-10: 3407229046
ISBN-13: 9783407229045

Computer und Internet haben sich in den letzten Jahren zu Leitmedien für Jugendliche entwickelt. In der JIM Studie 2008 wurden erstmals mehr Computer als Fernseher in Kinder- und Jugendzimmern festgestellt. Außerdem steht jedem zweiten Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren darüber hinaus ein eigener Internetanschluss zur Verfügung. Zum einen wird von den Kindern Medienkompetenz verlangt, um Ihre Zukunftschancen zu wahren. Auf der anderen Seite sollen Sie nicht zu viel Zeit mit der Technik verbringen. Jugendliche nutzen das „Arbeitsgerät“ auch in Ihrer Freizeit zum Spielen und Kommunizieren und verbringen so häufig mehrere Stunden am Computer. Doch wann hat sich eine Sucht entwickelt? Wie entsteht diese? Wer ist gefährdet?

Computersucht ist nicht erst seit extremer Meldungen im Kontext des Spieles „World of Warcraft“ in aller Munde und beschäftigt Eltern, Therapeuten, Psychologen, Pädagogen und die Medien. Wolfgang Bergmann und Gerald Hüther beschreiben in Ihrem Buch „Computersüchtig“, warum Kinder und Jugendliche von diesem Medium so fasziniert sind. Der Abschnitt „1st Task - Aufwachen“ ist besonders Eltern und MultiplikatorInnen zu empfehlen, die bisher wenig eigene Computerspielerfahrungen gesammelt haben, da sie einen Einblick erhalten, warum die Inhalte in Spielen für Jugendliche so fesselnd sind und warum diese Faszination bei einigen dazu führt, dass das reale Leben immer unwichtiger zu werden scheint.

Die Autoren machen deutlich, dass nicht der Computer oder die Spiele die Sucht bewirken, sondern, das eine Computersucht immer eine sehr individuelle Konstellation von Umständen ist und der Computer nur die Bedürfnisse der Person befriedigt, die diese Technik exzessiv nutzt. Dazu werden sehr spannende Beispiele aus der therapeutischen Praxis von Wolfgang Bergmann beschrieben und analysiert. Weiter werden die Auswirkungen auf das physische Gehirn beschrieben und erläutert, warum Jungen gefährdeter sind als Mädchen. Abgeschlossen wird das Buch mit der Formulierung von Lösungen.

Das Buch von Wolfgang Bergmann und Gerald Hüther ist formal nicht wie ein „Fachbuch“ verfasst worden. Es ist in verständlicher Sprache, wie ein Ratgeber, verfasst. Während die meisten wissenschaftlichen Texte eine zähe Lektüre sind, ist den Autoren ein unterhaltsam verfasster Text, gespickt mit passenden Anekdoten aus der Literatur und interessanten Kommentaren, gelungen. Zitate oder Statistiken aus anderen Fachbüchern sucht man vergeblich, da es nicht darum geht Studien oder Berichte zusammenzufassen, sondern die Autoren wollen darstellen wie Sucht entsteht und greifen für Ihre Ausführungen auf eigene Beobachtungen zurück. Trotz der komplexen Szenarien und der sehr individuellen Probleme ist den Autoren dieses Ziel ausgezeichnet gelungen.

Rezension von Jörg Warras