Gunter Runkel: Allgemeine Soziologie

hinzugefügt: 3-09-2012
Die Klassiker, ihre Gesellschaftstheorien und eine neue soziologische Synthese. 3., vollständig überarbeitete Auflage 2012. VI, 227 S., Verlag: Oldenbourg, München

ISBN: 9783486713114

Standardwerk für Studium, Forschung und Lehre

Bereits in dritter Auflage erscheint nun Gunter Runkels „Allgemeine Soziologie“. In der er die relevanten soziologischen Klassiker und ihre Gesellschaftstheorien ebenso darstellt, wie er versucht, in der Auseinandersetzung mit den Klassikern eine „ soziologische Synthese“ zu entwickeln.

Fundiert argumentiert Runkel hierbei in Richtung seiner zentralen These, das „Gesellschaftstheorie oder als ihr Synonym „Soziologische Theorie“ zum einen auf dem Hintergrund sozialer Kommunikation, die zu einem semantisch anerkannten Bereich führt, und zum anderen als Entwicklung sozialstruktureller Faktoren betrachtet werden kann, die wiederum in der Gesellschaftstheorie diskutiert werden. Daneben ist Gesellschaftstheorie als Ergebnis der sozialen Evolution zu begreifen“.

Breit und umfassend ist dabei der Blick, den Runkel chronologisch und geographisch geordnet auf die Geschichte der Soziologie und ihre Thesen wirft, wobei er immer wieder bereits Hinweise im Rahmen seiner These verfolgt. So im Kapitel über die „Erste Synthese durch die deutschen Gründerväter der Soziologie“, Simmel und Weber und anderenorts.

Marx, Comte, Bonald und Nietzsche bilden das Grundgerüst, die „Klassiker“, Simmel und Weber zeigen die Verarbeitung dieser klassischen Thesen. Spencer, Durkheim und Pareto vollziehen in England, Frankreich und Italien ihre soziologischen Grundarbeiten. Derivation, Rationalisierung, Ideologie und Legitimierung schließen den Teil über die älteren Sozialtheorien ab. Im weiteren differenziert Runkel dann in großer Breite vom Beginn des 20. Jahrhunderts an Pragmatismus, Hermeneutik, philosophisch-soziologische Anthropologie, vor allem dann die Frankfurter Schule mit Horkheimer, Adorno und Habermas mitsamt ihrer breiten Wirkung in die Gesellschaft hinein. Die ersten Ansätze der Systemtheorie und die Weiterentwicklung durch Niklas Luhmann bilden einen weiteren Schwerpunkt der Darstellung, ohne jeweils den breiten Blick zu schmälern. Die neue Verbindung von Marx und Nietzsche durch Foucault und Bourdieu in Frankreich findet ebenso ihren Platz in der Darstellung wie die Entwicklung des „Rational Choice“ Ansatzes vor allem durch Coleman.

Das abschließende Kapitel dient der Synthese verschiedener Ansätze, u.a. im Blick auf eine „systemische Evolution“, auf „Handlungs- und Systemtheorien“ und führt zu einer Theorie „Allgemeiner Handlungssysteme“, die weiterführende Diskussionen anregt und eröffnet. Eine Diskussion, die sich auseinandersetzen kann und soll mit Runkels These, dass „die Entwicklung der Gesellschaftstheorie aus einem Zusammenspiel von Sozialstruktur und Semantik abläuft“.

Als wissenschaftliches Fachbuch bedarf die Lektüre hoher Konzentration, lohnt aber diese Konzentration durchaus, da die gesamte Breite klassischer und moderner Soziologie von Runkel nachvollziehbar und fundiert abgebildet wird. Hier bietet das Buch allein schon als komprimiertes Kompendium der allgemeinen Soziologie einen hohen Nutzen. Durch die unabhängige Betrachtung von Semantik und Sozialstruktur können die Entwicklungen in beiden Linien nachvollzogen werden und auf dieser Basis die Interrelationen abgeleitet werden.

Nicht umsonst bereits in dritter Auflage setzt Runkel mit seiner Arbeit einen Standard zur Beschäftigung mit der allgemeinen Soziologie in der Wissensvermittlung und der Anregung zur weiterführenden Diskussion von Systemtheorien und Synthesen von Semantik und Sozialstruktur.

Rezensent: Michael Lehmann-Pape