Siegfried Müller/Heinz Sünker/Thomas Olk/Karin Böllert (Hg.) - Soziale Arbeit

ISBN 3-472-04370-9
Ausgehend von Titel und Umfang des vorliegenden Bandes könnte man auf den ersten Blick meinen, dass da erneut ein Handbuch der Sozialen Arbeit aus dem Hause Luchterhand erschienen ist. Aber ein zweiter Blick macht schnell deutlich, dass dies genau nicht in der Intention der HerausgeberInnen liegt. Versucht ein Handbuch zumindest im Ansatz Ordnung in das Chaos, die Heterogenität des Diskurses zu bringen, dokumentieren die hier versammelten Beiträge genau diese Heterogenität und verdeutlichen damit, dass die `Neue Unübersichtlichkeit` (Habermas) längst in die Jahre gekommen ist, ja, zum Charakteristikum des disziplinären Diskurses der Sozialen Arbeit geworden ist. Wer sich Ordnung wünscht, sollte zu einem anderen Band greifen.
Gemäß dieser Intention verstehen die HerausgeberInnen den vorgelegten Band als Möglichkeit, „erneut und erneuert über die gesellschaftlichen und politischen Bedingungen wie Konstellationen der Sozialen Arbeit und ihrer gegenwärtigen professionellen Perspektiven nachzudenken.“ (S. 9), eine Bilanzaufnahme in der Tradition von vorangegangenen Publikationen, wie etwa die von Hans-Uwe Otto und Gerhard Schneider 1973 herausgegebenen Sammelbände `Gesellschaftliche Perspektiven der Sozialarbeit`. Und diese Bestandsaufnahme impliziert drei wesentliche Aspekte, eine Rekonstruktion der Ausdifferenzierung Sozialer Arbeit als Disziplin und Profession, eine Zeitdiagnose in der Bestimmung ihres Status quo innerhalb veränderer gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und einen Ausblick auf ihre professionellen Perspektiven.
Die Beiträge sind nicht strikt thematisch gegliedert, ein Stichwortverzeichnis fehlt ebenfalls, ganz der Intention der HerausgeberInnen folgend, dass die Themen „in ihrer Vielfalt den gegenwärtigen Stand der Ausdifferenzierung der Disziplin wie der professionellen Landschaft“ (S. 9) dokumentieren. Die internationalen Beiträge in dem Band zeigen dabei, dass einzelne Aspekte speziell der anglo-amerikanischen Diskurse geeignet scheinen, grundlegende Erweiterungen der deutschen Diskussionen zu ermöglichen.
Der Band ist Hans-Uwe Otto zum 60. Geburtstag gewidmet. Von dieser Stelle einen zweifachen Glückwunsch, einen verspäteten an den Jubilar, einen an die HerausgeberInnen, die hier einen Reader vorlegen, der seinesgleichen sucht. Zeitdiagnostik Sozialer Arbeit auf höchstem Niveau.
Erschienen im Luchterhand Verlag.
Rezension von Friedhelm Ackermann