Jeder, der schon mit Kindern gearbeitet hat, kennt diese Situation: Ein Kind ist in seinem Verhalten auffällig, es zieht sich zurück, wirkt oft übermüdet. Es wird nach Gründen für dieses Verhalten gesucht u.a. kommt der Verdacht auf, daß das Kind von sexuellen Mißbrauch betroffen sein könnte. Die Signale und Symptome bei sexueller Mißhandlung können sehr unterschiedlich sein, so daß eine eindeutige Einschätzung der Situation nicht möglich ist. Viele ErzieherInnen fühlen sich in dieser Lage, wie mit einem solchen Verdacht umgegangen werden soll, sehr unsicher. Soll das Kind oder die Eltern direkt angesprochen werden? Muß eine professionelle Beratungsstelle hinzugezogen werden? Im schlimmsten Fall werden die Symptome aus Hilflosigkeit übersehen.
Der Leitfaden von Gründer u.a. kann hier helfen. Es werden keine langen theoretischen Abhandlungen darüber aufgestellt, wie sexuelle Kindesmißhandlung entsteht oder was sie für Auswirkungen auf die Opfer hat, sondern es geht einzig und allein um die Aufdeckung der Mißhandlung. Die AutorInnen, die selbst jahrelang Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt haben, geben praktische Tipps, wie die Voraussetzungen und wie der Ablauf eines Gespräches mit dem Kind sein sollte. Wichtige Punkte müssen vorher geklärt sein, wie z.B. die Geschlechterfrage. Wer führt das Gespräch? Würde ein gemischt-geschlechtliches Team Entspannung schaffen? Zu Bedenken ist auch, an welchem Ort das Gespräch geführt werden soll, ob der Raum eine entspannte Atmosphäre bietet und ob kindgerechtes Spielmaterial zum Einsatz kommen soll.
Im zweiten Teil des Buches werden ausführliche Gesprächsbeispiele gegeben, wie die Aufdeckung einer sexuellen Mißhandlungssituation unterstützt werden kann.
Dieses Buch ist nicht nur für ErzieherInnen, sondern auch für SozialarbeiterInnen, MedizinerInnen, Krankenpflegepersonal, für alle , die in ihrer beruflichen Situation mit sexuell mißhandelten Kindern ins Gespräch kommen könnten. Natürlich ist man nach dem Lesen des Buches nicht perfekt in der Gesprächsführung mit Opfern sexuellen Mißbrauchs, so daß man auf professionelle Hilfe vollkommen verzichten kann, aber man weiß welche Fehler unbedingt zu vermeiden sind.


Erschienen im Votum Verlag.

Rezension von Dörthe Heien