Franz Stimmer - Grundlagen des methodischen Handelns in der Sozialen Arbeit

hinzugefügt: 23-08-2012
Auflage: 3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2012. Seiten: 318, 29 Abb.
Preis: EUR 29,90

ISBN 978-3-17-022006-5

Die Arbeit von Franz Stimmer schließt eine Lücke.
Methoden der Sozialen Arbeit werden eingebettet in ihre hermeneutischen und handlungstheoretischen (Funktions-) Zusammenhänge und in das handlungsleitende Prinzip einer spezifischen Verantwortungsethik. Stimmer entwickelt hierzu ein systematisch schlüssiges Orientierungsraster (vgl. S. 24), in dem die verschiedenen Inhaltsebenen methodischen Handelns - ausgehend von anthropologischen, sozialphilosophischen und ethischen Axiomen über grundlegende handlungsleitende Konzepte und Arbeitsprinzipien und den entsprechenden Interaktionsmedien bis hin zu den eigentlichen Methoden und den jeweiligen Verfahren und Techniken - miteinander in Beziehung gesetzt werden. Dieses Unternehmen tut dringend Not: Werden diese sinngebenden Zusammenhänge ausgeblendet, verfällt methodisches Handeln einer gewissen Beriebsblindheit und muss sich in der Tat den Vorwurf eines schieren Technizismus gefallen lassen.
Stimmer versteht methodisches Handeln als differenzierten, multilinearen und zirkulären Problemlösungsprozess u.a. aus den Prozesschritten Problem- bzw. Situationsanalyse, Zielbestimmung, Wahl von Arbeitsformen, Interaktionsmedien und Methoden, Durchführung und schließlich Evaluation, an die sich ggf. eine erneute Problemanalyse anschließt. Dabei ist methodisches Handeln stets von der Multiperspektivität von Problemgenese und -lösung geprägt, spielen individuelle, ökonomische sozio-kulturelle und psychosoziale Aspekte als Ursachenzusammenhänge und zur Problembearbeitung eine gewichtige Rolle.
Auf dem Hintergrund dieser theoretischen Grundlegungen werden dann im Duktus des Buches bestimmte Konstruktionselemente methodischen Handelns auf die praktische Ebene transferiert. Hier kommen handlungsleitende Konzepte wie etwa Empowerment, Casemanagement, Netzwerkarbeit und Lebensweltorientierung in den Blick. Anschließend erfolgt eine Einführung in das Basismedium Beratung und einige ausgesuchte Komplementärmedien. Und es findet sich ein guter Fundus an Techniken zur Situationsanalyse. In der Folge bietet Stimmer einige Hinweise zur Strukturierung und Formulierung von Zielen und für die Hypothesenbildung und eine Übersicht über ausgesuchte Interventionsformen, nämlich die Klientenzentrierte Gesprächsführung, das Psychodrama und die Themenzentrierte Interaktion. Abschließend präsentiert Stimmer einige Hinweise zur Reflexion und entwirft die Skizze eines Anforderungsprofils von sozialpädagogischen Kompetenzen.
Damit wird Stimmer insgesamt seinem Ziel gerecht: „Das Spezifische des klientenbezogenen methodischen Handelns in der Sozialen Arbeit soll benannt und diskutiert werden, das, was Soziale Arbeitet auszeichnet und nicht jenes, was auch von anderen Professionen kompetent betrieben werden kann oder was die klientenbezogene Arbeit nur randständig (...) berührt.“ (S. 13) Ob eine derartige Engführung der Methoden Sozialer auf klientenzentrierte Methoden angemessen ist, muss allerdings bezweifelt werden. Denn mit den sozialräumlichen Ansätzen und vor allem der Gemeinwesenarbeit und deren methodischen Implikationen steht der Sozialen Arbeit ein beeindruckendes methodisches Instrumentarium zur Verfügung, das keinesfalls durch einen historischen Rückfall auf die beiden Urmethoden der Sozialarbeit, nämlich Einzelhilfe und Gruppenarbeit, aufgegeben werden darf. Und tatsächlich ist in den einschlägigen Arbeiten zur GWA genau jener Brückenschlag von einer soliden Theorie in die Praxis längst gelungen, an der sich die Stimmersche Arbeit (durchaus erfolgreich) versucht.
Insgesamt besticht die Arbeit von Stimmer trotz des zunächst abstrakten Gegenstandes durch eine erfreuliche Anschaulichkeit. Dazu tragen neben den Praxisbeispielen und der insgesamt gefälligen Sprache besonders die gelungenen graphischen Übersichten bei.
Und trotz der genannten Engführung ist das Buch zur Anschaffung empfohlen und sollte auch in dringend notwendigen Grundlagenseminaren methodischen Handelns an den Ausbildungsstätten gelesen werden.

Erschienen im Kohlhammer Verlag.

Rezension von Georg Wegner

Update zur 3. Auflage:
"Die inhaltliche Erweiterung bezieht sich aber vor allem auf die Integration
sozial-ökologischer Aspekte in Verbindung mit der Subjektorientierung mit dem
zentralen Fokus auf die Interdependenzen zwischen Menschen und ihrer Umwelt."