C. Hofheinz / T. Heidenreich / J. Michalak: Werteorientierte Verhaltensaktivierung bei depressiven Störungen
Verlag: Beltz 2017, 198 Seiten
ISBN:978-3-621-28432-5
Aktivierung statt und als Ergänzung zum Verhaltensaufbau
Mehr als das altbekannte und seit Langem in der Therapie von Depressionen eingebaute „Aufbau angenehmer Aktivitäten“ bietet dieser recht neue Arbeitsansatz, der statt des (Neu.) Aufbaus bestimmter konstruktiver Aktivitäten die „Aktivierung“ derselben in den Raum setzt.
Mit dem Vorteil, nicht gegen „Automatismen“ vielfach zunächst angehen zu müssen, sondern von Beginn an mit der (wieder neu „einzuschaltenden“) Freude und Lust an bestimmten Aktivitäten arbeitet und damit natürlich, aber auch rascher in das „Tun“ führt.
Gerade die „dritte Welle“ therapeutischen Denkens und entsprechender Methoden setzt hier neue, wichtige Akzente, die von den Autoren im Buch sorgsam herangeführt, beschrieben und in ihrer praktischen Umsetzung beschrieben werden.
Einerseits steht dabei die „Identifikation“ und damit das Verfolgen eigener, wichtiger Werte und der nun doch andere Umgang mit Barrieren, die Menschen an der Umsetzung eigener, wichtiger Werte hindern, im Mittelpunkt der Betrachtungen.
Dabei kann (mit Einschränkungen) gelten: „Ein Leben, dass….stärker auf persönliche Werte ausgerichtet ist, kann….mit einer Verminderung depressiver Symptom-Belastungen einhergehen“. Was sich auch aus der inneren Logik heraus umgehend erschließt.
Dabei steht am Beginn der Überlegungen zudem die Erfahrungen der Autoren aus der therapeutischen Praxis, dass aktivierende Interventionen „es tun“, besser und durchaus auch nachhaltiger, als kognitive und andere Interventionen. So könnte man auch formulieren, ohne dass eine gegen das andere auszuspielen, dass zunächst für eine Verbesserung der Stimmung etwas „zu tun“ hilfreicher ist, als etwas „(nur) zu erkennen“. Dass somit die „Stimmungsaufhellung“ auch ein wichtiger, erster Schritt ist, in dem gut die Grundlagen für dann die Beschäftigung mit relevanten Werten und nachhaltigen Verhaltensänderungen gelegt werden kann.
Konstruktiv aktiv zu sein setzt eine Erfahrung direkt zu Beginn, „dass es auch anders geht“ und ermöglicht, in freierer Form den Inhalten der Therapie aufgeschlossen gegenüber zu treten.
Da die Verhaltensaktivierung eng an die persönlichen Werte gekoppelt ist, ergibt sich auch kein „Nacheinander“ im eigentlichen Sinne und auch keine Abspaltung zweier wichtiger und wesentlichen Themen der Therapie. Ein Umstand, der allzu oft bisher vernachlässigt oder nur nebenbei mit wahrgenommen worden ist.
Mit dem „Prinzip Achtsamkeit“ verbunden, gelingt es Patienten, „Kontakt“ zu ihren konstruktiven Ressourcen und „ins Leben drängenden“ Aktivierungsmomenten herzustellen, die ebenso umgehend für Erfahrungen dann sorgen und somit vieles bereits „in Bewegung“ setzen, was im Verlauf der Theorie vertieft, gesichert, eingeübt, verändert werden kann.
Ein Moment, der zudem der Tendenz der „Vermeidung“ gerade bei depressiven Patienten entgegen wirkt mit ihrer mangelnden Suche nach Selbstinitiierung und dem bekannten „Decke über den Kopf“ Syndrom.
Verständlich und strukturiert aufeinander aufbauend rücken die Autoren das bisherige „Randgebiet“ in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, erläutern die theoretischen Grundlagen im Blick auf aktivierende Arbeit mit depressiven Störungen und zeigen die Instrumente für die Praxis sowohl in der Einzeltherapie als auch in der Gruppentherapie auf. Arbeitsmaterien im Buch und Online ergänzen in bester Weise die sachlichen Inhalte.
Eine klare Empfehlung, sich mit dieser Ressource und Methode intensiv zu beschäftigen.
Rezensent: Michael Lehmann-Pape