Johannes Münder, Barbara Mutke, Reinhold Schone - Kindeswohl zwischen Jugendhilfe und Justiz
ISBN 3-933158-49-4
„Jeder junge Mensch hat das Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“(1.Abs. 1SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfegesetz). Für die Realisierung dieser Leitnorm gibt es die Kinder- und Jugendhilfe. Sie soll Entwicklungen fördern, Eltern und Erziehungsberechtigte unterstützen und Kinder und Jugendliche vor Gefahren bewahren. Der gesellschaftliche Handlungsauftrag der Jugendhilfe findet also in einem Spannungsfeld statt, welches einerseits die Eltern und Erziehungsberechtigten unterstützen soll, ihre Pflichten dem Kind gegenüber besser oder überhaupt wahrnehmen zu können. Andererseits sollen die Kinder und Jugendlichen vor Gefahren beschützt werden, ggf. auch gegen den Willen der Eltern. Für die Umsetzung dieses „Interessenspagates“, sind Jugendhilfe und Justiz gesetzlich zur Zusammenarbeit verpflichtet. Angesichts zahlreicher unbestimmter Gesetzbegriffe und nur geringen wissenschaftlichen Erkenntnissen über professionelle Handlungsweisen in diesem Feld, ist die Aufgabenwahrnehmung der Fachkräfte beider Institutionen nicht selten mit besonderen Unsicherheiten und Schwierigkeiten verknüpft.
Das Buch stützt sich auf Ergebnisse eines Forschungsprojektes der TU Berlin und gibt Auskunft über die institutionellen und individuellen Vorgehensweisen der professionell Tätigen im Bereich des zivilrechtlichen Kinderschutzes. Anhand von Fallbeispielen werden praxisnahe Bezüge hergestellt, die den oft sehr komplizierten rechtlichen Ablauf veranschaulichen und verständlicher machen. Aus den Beispielen geht sowohl die familiäre Lebenslagen und die daraus resultierenden Gefährdungslage von den Kindern und Jugendlichen, die zu gerichtlichen Verfahren nach § 1666 BGB führten, als auch die Grundhaltungen und Handlungsweisen von Fachkräften an Jugendämtern und Gerichten in Kindeswohlverfahren hervor.
Zum Ende des Buches schildern die Autoren die Sichtweisen und Erfahrungen von Eltern und Jugendlichen mit den Jugendämtern und Gerichten. Diese unterschiedlichen Wahrnehmungen tragen sehr zum Verständnis der Gesamtsituation eines solchen Kindeswohlverfahrens bei, da ein Beteiligter eines realen Verfahrens nur selten diese Einsichten bekommt. Den Abschluß bildet eine Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse.
Das Buch von Münder, Mutke, Schone könnte sehr durch die Darstellung und Analyse der unterschiedlichen Handlungssysteme und –disziplinen in diesem Aufgabenfeld zum Verständnis und zur Qualifizierung der Praxis von Jugendämtern und Gerichten im Bereich des Kinderschutzes beitragen. Diese Qualifizierung wiederum würde den Kindern und Jugendlichen zu Gute kommen.
Das Buch ist für alle Personen die in der Praxis mit Kindeswohlverfahren konfrontiert werden, aber auch für Personen, welche in der Jugendhilfe tätig sind dürfte dieses Buch hilfreich sein.
Erschienen im Votum Verlag.
Rezension von Jörg Warras