Christian Scharfetter - Allgemeine Psychopathologie
ISBN 3-13-531505-3
Es gibt dieses Buch seit über 25 Jahren und sein Platz in der Fachliteratur ist unbestritten. Neben anderen Vertretern wie Schneider oder Jaspers vertrat Scharfetter im letzten Jahrhundert die psychopathologische Forschung. Als mittlerweile emeritierter Professor der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich nahm er maßgeblich Einfluß auf grundlegende Entwicklungen und Veränderungen der Beschreibung psychischer Störungen in einem komplizierter werdenden gesellschaftlichen und individualistischen Kontext.
Sein Ansatz - psychopathologische Symptome als Zeichen zu sehen, ihre Bedeutung zu erfassen und zu verstehen, wirft in diesem Band nicht nur rein psychiatrische Fragen auf, sondern entwirft immer auch weitere Konstrukte in Verbindung mit benachbarten Wissenschaften wie der Philosophie, Anthropologie oder Psychologie.
Am Beginn der übersichtlichen und klar beschriebenen Kapitel zu psychischen Störungen stellt Scharfetter die Frage nach den Begriffen Normal, Gesund oder Krank, die häufig am Anfang eines psychodynamischen Prozesses stehen und eine psychopathologische Entwicklung kennzeichnen. Neben der Problematik solcher Modelle werden anschließend Symptome/Syndrome sowie diagnostische Verfahrensweisen dargestellt.
Der eigentliche Hauptteil, bestehend aus den Störungsbildern bzw. Veränderungen von Bewusstsein, Orientierung, Denken, Affektivität und weiteren seelischen Funktionen, überzeugt durch seine systematische Gliederung und Formulierung einprägsamer Definitionen. Neben Abschnitten zur Entstehung seelischer Störungen findet der Leser insgesamt 100 Fallbeispiele und zahlreiche Abbildungen mit relevantem Wissen.
"Allgemeine Psychopathologie" ist nicht wegzudenken aus dem praktischen psychiatrischen Alltag von medizinischen wie auch sozialen Berufen, die einen großen Anteil an Erfahrungswissen mitbringen, gleichzeitig aber auch der Begrenztheit menschlicher Wahrnehmung unterliegen. Scharfetter macht darauf aufmerksam, mit Echtheit und einem scharfen Blick, Krankheitszeichen von "ungewöhnlichen" Zuständen menschlichen Verhaltens zu unterscheiden.
Erschienen im Georg Thieme Verlag.
Rezension von Michael Horn