Werner Thole: Kinder- und Jugendarbeit. Eine Einführung.

Juventa Verlag 2002, 326 S., 20,50 Euro.
ISBN: 3-7799-1443-3
Ziel dieses Buches ist es, eine Lücke zu schließen. Die Lücke zwischen dem einerseits angesammelten Wissen, dass die Sozialpädagogik/Sozialarbeit seit ihrer Etablierung an Universitäten und Fachhochschulen erarbeitet hat und andererseits der Möglichkeit, sich an Hand von Einführungstexten in diese Fach einzuarbeiten. „Es fehl[en] bis heute […] grundlegende Einführungswerke, die sich an den wissenschaftlichen Ausbildungsinhalten der Studiengänge gleichermaßen orientieren wie an den Standards des Faches. Diese Lücke wollen die Bände der vorliegenden Reihe schließen“ (Vorwort von Rauschenbach). In diesem Sinne hat „Werner Thole“ […] diesen ebenso schwierigen wie mutigen Versuch unternommen, […] die professionelle und disziplinäre Seite des Themas zusammenzubringen“ (ebd).
An diesem Zweck gemessen, ist es Thole sehr gut gelungen, eine umfangreiche Einführung in die Kinder- und Jugendarbeit zu verfassen. Es werden die verschiedenen Gebiete – von Geschichte, Recht, Trägern und Einrichtungen, MitarbeiterInnen und Adressaten sowie die Theorie – erarbeitet und insgesamt ein tiefgehender Überblick geliefert. In insgesamt 9 Kapiteln geht Thole dies an. Einsteigend mit den Fragen „Was ist Kinder- und Jugendarbeit?“ und „Was Wissen wir über die Kinder- und Jugendarbeit?“ im 1. Kapitel (S.17-28) geht er im 2. Kapitel der Geschichte der Kinder- und Jugendarbeit von den Anfängen in der vormodernen Zeit über die „Wurzeln der Jugendarbeit in der Moderne“, der Jugendarbeit im Nationalsozialismus bis hin zur jüngeren Geschichte der Kinder- und Jugendarbeit in BRD und DDR nach (S.29-74). An diese beiden Kapitel schließen sich vier Kapitel zur Praxis der Kinder- und Jugendarbeit an. Hier skizziert er im 3. Kapitel „Das Recht und die Trägerstrukturen“ (S.75-96), widmet sich im 4. Kapitel den „Einrichtungen, Arbeitsfeldern und Inhalten“ (S.97-160), stellt im 5. Kapitel „Die MitarbeiterInnen“ (S.161-182) dar und schließt diesen praktischen Bereich mit der Darstellung der „AdressatInnen – Kindheit und Jugend“ (S.183-224) ab. In den anschließenden beiden Kapiteln werden „’Die’ Theorien und Konzepte (S.225-256) und „Leitlinien und methodische Prämissen“ (S.257-272) dargelegt und das Buch mit einem Ausblick auf die Zukunft der Kinder- und Jugendarbeit (S.273-294) abgeschlossen.
Die Kapitel selber sind logisch gegliedert, einfach geschrieben und gehen auf die wichtigen Elemente und AutorInnen ein. Abgeschlossen werden sie jeweils mit Kurzzusammenfassungen und Literaturtipps zum weiterlesen. Deswegen kann dieses Buch nur jedem empfohlen werden, der im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit arbeitet oder sich für dieses Arbeitsfeld interessiert, um sich einen guten Überblick über das Fach und seine Fassetten zu verschaffen.
Natürlich kann ein Einführungsbuch nicht jedes Thema erschöpfend behandeln und kann auch nicht an diesem Anspruch gemessen werden. Es ist ebenso klar, das kein Autor sich in jedem Gebiet sehr gut auskennen kann. Deswegen ist es nur ein kleiner verzeihlicher Wehrmutstopfen, wenn hin und wieder einige Schnitzer entdeckt werden müssen. So schreibt Thole beispielsweise: „Die Reenies sind die weiblichen Mitglieder einer rechten Szenegruppierung“ (S.245). Dies ist falsch, was u.a. im Buch „Skinheads“ (1993) von Farin und Seidel nachgelesen werden kann. Reenies sind nämlich Skinheadfrauen. Und bei den Skinheads gibt es Linke (z.B. S.H.A.R.P. und Redskins), „Unpolitische“ (z.B. OI-Skins) und Rechte. Dementsprechend gibt es auch in allen drei Richtungen Reenies.
Trotzdem ein sehr lesenswertes Buch, das sich für Theoretiker wie Praktiker der Kinder- und Jugendarbeit gleichermaßen zu lesen lohnt, um sich einen gut fundierten Überblick über die verschiedenen Bereiche der Kinder- und Jugendarbeit zu verschaffen und über den eigenen – theoretischen und/oder praktischen – Tellerrand hinaus zu blicken.
Erschienen im Juventa Verlag.
Rezension von Aljoscha Jegodtka