Geiger, S., Baumgartner, S. (Hg.): Empathie als Schlüssel
Verlag: Beltz 2016
ISBN: 978-3-621-28154-6
Über die Bedeutung der Einfühlung für eine gewaltfreie Kommunikation
Schon nach einigen Jahren der Entwicklung seiner Gesprächstherapie betonte Carl Rogers, dass die konkrete methodische Ausrichtung eines Therapeuten zweitrangig hinter seine konkrete Haltung im Rahmen der Therapie zurücktreten würde. Sei ein Therapeut einfühlsam (empathisch), echt (kongruent) und wertschätzend (akzeptierend) einem Klienten gegenüber, so steigere sich die Wahrscheinlichkeit einer konstruktiven Verbesserung des „Problems“ des Klienten immens, unabhängig von der methodischen Ausrichtung des Therapeuten.
Paul Watzlawick hat im Lauf seiner praktischen Tätigkeit und seiner theoretischen Erforschung der Kommunikation und des hilfreichen Gespräches ebensolche Ergebnisse postuliert und in den späteren Jahren seiner therapeutischen Arbeit methodische Ansätze als „hauptsächlich für die Krankenkassen als Diagnostik“ interessant bezeichnet.
Unbestritten ist in so gut wie allen therapeutischen Schulen und methodischen Ausrichtungen daher inzwischen die Bedeutung der Haltung des Therapeuten und in dieser, vor allem, die Empathie als Kernkompetenz für eine erfolgreiche und gute Arbeit mit Patienten.
Im vorliegenden Werk versammeln die Herausgeberinnen gut und übersichtlich strukturiert Beiträge aus der Praxis der Gewaltfreien Kommunikation (GFK), innerhalb derer die Empathie die wesentliche Variable und Kompetenz darstellt. Sei es in Therapien, beratenden Gesprächen, im Rahmen der Organisationsberatung oder der Pädagogik, ebenso wie Rogers zu Zeiten den Wert von Grundkompetenzen nicht müde wurde, zu betonen, legen die Trainer und Berater in diesem Buch die Wichtigkeit der GFK für die verschiedenen Prozesse von Beratungen breit vor Augen.
Sich um „Bedürfnisse“ drehend, die als „Motor allen menschlichen Verhaltens“ verstanden werden, setzt die GFK an (mindestens) drei zentralen Ebenen der Beratung an, wie das Buch differenziert und überzeugend darlegt.
Zum ersten kann die GFK als „analytische Linse“ dienen, mittels der ausgeprägten Grundhaltung der Empathie genau und konkret Bedürfnisse zu erkennen, zu prüfen und zu sichern, um damit sich als Berater und die entsprechenden Klienten klarer sehen zu können.
Zum zweiten wirkt die GFK als Methode in der therapeutischen Arbeit, um gefühls- und bedürfnisorientiert zu reflektieren, das „Kreisen“ bei Klienten zu überwinden und damit Exploration zu ermöglichen.
Zum dritten können GFK Werkzeuge an Klienten weitergegeben und mit diesen eingeübt werden, um deren Alltag zu unterstützen und die eigene Integration zu befördern.
Wobei die verschiedenen Beiträge im Buch ins bester Weise betonen und klarstellen, dass Empathie keine „Technik“ oder in reines „Instrumentarium“ darstellt, sondern die tatsächliche Fähigkeit kennzeichnet, in das Gefühlserleben eines anderen Menschen „einzutauchen“ und dieses Gefühlserleben Verbalisieren und emotional als „verstanden“ dem Klienten „zurück geben“ zu können. Eine Haltung der „Offenheit und Neugierde“, die nur gelingt, wenn der Klient dem Berater „tatsächlich wichtig“ ist.
Natürlich gibt es, um dieser Haltung Ausdruck zu verleihen, einübbare Mittel und Wege, die im Buch nicht zu kurz kommen und ebenso ist es möglich, die Haltung der Empathie selbst ins ich zu entdecken, zu fördern und zu schärfen, der wesentliche Kern des vorliegenden Werkes.
In der Gesamtdarstellung der GFK und der Darstellung der wesentlichen „Eckpunkte“ an Haltung und praktischen Möglichkeiten, dieser besser Ausdruck zu verleihen, bietet das Buch vielfältige Hinweise, grundlegende Erläuterungen und vielfache praktische Instrumente, die die Lektüre rundherum zu einem Gewinn gestalten.
Rezensent: Michael Lehmann-Pape