Lammers, C.: Therapeutische Beziehung und Gesprächsführung

hinzugefügt: 16-10-2017
Techniken der Verhaltenstherapie. Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial
Verlag: Beltz 2017, 218 Seiten

ISBN:978-3-621-28519-3

Basics der KVT

Es ist ein altes, aber im Kern falsches Vorurteil, dass sich Verhaltenstherapeuten eher weniger für den Menschen, sondern nur für dessen Verhaltensänderung interessieren würden. Sehr wohl spielt die therapeutische Beziehung, deren Reflexion und der Arbeit mit derselben eine wichtige und zentrale Rolle auch in der KVT.

Wohl aber fasst Lammers den Befund gut zusammen, dass dieser therapeutischen Beziehung zwar in der Praxis immer Relevanz zukam, allerdings in den theoretischen Konzepten wenig explizit Ausdruck gefunden hat.

Was Lammers mit diesem übersichtlich gehaltenen und sprachlich gut verständlichen Werk bestens nun „nachholt“.

Seien es Entwicklungen hin zum Verständnis des Therapeuten als „soziale Verstärkermaschine“, sei es die Übernahme anerkannter Elemente der Beziehungsgestaltung aus der Gesprächstherapie bis hin zur Entfaltung eigener Konzepte der „motivorientierten Beziehungsgestaltung“.

Dies nun zu ordnen, die wirksamen und aktuell praxisrelevanten Konzepte zu erläutern und dafür, für die Praxis, die Gesprächsstrategien zu kennzeichnen und dem Leser „an die Hand zu geben“, vollzieht Lammers Schritt für Schritt in diesem Werk.

Hierzu beleuchtet er zunächst die therapeutische Beziehung sehr grundsätzlich (Wirkfaktor, Darstellung des allgemeinen Konzeptes, die spezifische Entwicklung in der KVT, die Unterscheidung zwischen situativen und soziokulturellen Faktoren und einiges mehr), um darauf aufbauend grundlegende Basiskonzepte der Beziehungsgestaltung im therapeutischen Bereich aufzuführen.

Gut gelungen ist hier, dass auch Selbstverständlichkeiten wie die Schweige- und Aufklärungspflicht noch einmal sauber formuliert aufgenommen werden und selbst ein Thema wie „Geschenke durch Klienten“ (was nicht selten vorkommt und doch recht selten in Fachbüchern thematisiert wird) aufgenommen wird. Wobei natürlich die Kernthemen nicht ausgelassen werden (Rollenverteilung, die Beleuchtung der „therapeutischen Arbeitsbeziehung“, affektive Beziehungen u.v.m.).

All dies ist ja bereits schon „Praxis“, für den therapeutischen Prozess in der Beziehungsarbeit dann konkret und detailliert legt Lammers den Schwerpunkt im dritten Hauptteil des Werkes auf die einzelnen Techniken, die im Lauf der Zeit übernommen und an die KVT angepasst wurden.

Empathie, aktives Zuhören aus der Gesprächstherapie, der sokratische Dialog und emotions- und ressourcenorientierte Gesprächsführung, wie sie in den systemischen Ansätzen mehr und mehr Bedeutung erlangt haben, die „Konfrontation“ als eine ursprünglich in der Gesprächstherapie als „erweiterte Variable“ beheimatete Technik bis hin zu eher einfach klingenden Momenten wie dem „Humor“ in der therapeutischen Beziehung findet der Leser in diesem Teil des Werkes vielfache genau, klare und verständliche Beschreibungen für den „therapeutischen Alltag“ eines Therapie-Prozesses.

Wie aus diesen konkreten Techniken dann Motivation abgeleitet und entstehen kann ist ein weiterer Schwerpunkt der Darstellung.

Den Widerstand dabei verstehen, sehen, aufnehmen, Beziehungsabbrüche nicht als „Schicksal“ oder „Versagen“ betrachten, sondern ebenfalls als Ressource des therapeutischen Prozesses zur Bearbeitung bringen können sind wichtige Kompetenzen, die im Werk differenziert aufgearbeitet werden und zu den notwendigen Haltungen und Kompetenzen auf Therapeutenseite führen, eine „Motivierende Gesprächsführung“ zu installieren und als roten Faden des Prozesses im Auge zu behalten. Nicht besonders erwähnt werden muss, dass Lammers auch hierzu konkrete Techniken beschreibt, wie auch die Eckpunkte einer „demotivierenden Gesprächsführung“ als Kontrast und Hindernisse im therapeutischen Prozess vor Augen geführt werden.

Wie aber die „Fokussierung auf das Negative“ beim Patienten achtsam durch positive Motivation in der Gesprächsführung schon als „ganz einfache“ Technik überaus wirksam und erfolgreich angewendet werden kann, liest sich umfassend überzeugend im Werk.

Die besonderen Herausforderungen der Arbeit mit persönlichkeitsgestörten Patienten ist als Abschluss überzeugend begründet einen eigenen Hauptteil wert.

Eine klare und überzeugende Struktur und ebenso einsichtige und hilfreiche Inhalte für das eigene Grundverständnis der Beziehungsarbeit in der KVT findet der Leser dabei ebenso im Werk, wie konkrete praktische Instrumente und Techniken, die umgehend in die eigene Praxis erprobend übernommen werden können.

Farblich abgesetzt stellt Lammers dabei praktische Hinweise und Fallbeispiele in großer Menge zur Verfügung, so dass am Ende kein Aspekt zum Verständnis von Theorie und Praxis zur therapeutischen Beziehung und der je angemessenen und konstruktiven Gesprächsführung unberücksichtigt bleiben.

Ein wichtiger Beitrag zu einer der grundlegenden Momente eines erfolgreichen KVT-Prozesses.

Rezensent: Michael Lehmann-Pape